Am 13. September feierte der Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V. im Weimarer Caritashaus St. Hedwig das 20-jährige Jubiläum der Flüchtlingssozialarbeit in Weimar. Eröffnet wurde der Empfang, zu dem viele Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche und Gesellschaft erschienen waren, mit einem Rückblick von Caritas-Regionalleiter Michael Wenzel, der auch die Veranstaltung moderierte. Es folgten Grußworte von Oberbürgermeister Peter Kleine und Diözesan-Caritasdirektorin Monika Funk. Den Abschluss bildete ein großes Dankeschön an die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne deren Engagement vieles in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht möglich gewesen wäre.
Beginn und Ausbau der Flüchtlingssozialarbeit in Weimar
2004 wurde die Caritas gemeinsam mit der Diakonie von der Stadt Weimar beauftragt, die Sozialbetreuung in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu übernehmen. So war die Caritas einer der ersten Wohlfahrtsverbände im Freistaat Thüringen, der mit einem eigenen Anspruch für diese Arbeit einen Unterschied zur damals üblichen Sozialbetreuung durch private Unternehmen machte. Die positiven Erfahrungen, die alle Beteiligten seit der Übernahme der Sozialbetreuung im Obdachlosenheim ein Jahr zuvor gemacht hatten, gaben dazu berechtigte Hoffnung. Gerade in bewegten und herausfordernden Zeiten hat sich gezeigt, dass es möglich ist, durch gesammelte Erfahrungen und gestärkte Kompetenzen zu wachsen und Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen.
Die Arbeit, so die Einschätzung von Michael Wenzel in den vergangenen zwei Jahrzehnten sei nie einfach gewesen und nur in Gemeinschaft möglich. Viele Menschen haben an ihren Orten mitgeholfen, um eine vielfältige Gesellschaft zusammenzuhalten. Er blicke jedoch mit Sorge auf die politische Debatte, die derzeit Tage über Migrationspolitik geführt wird und appellierte: Man möge sie sachlich und vor allem auch mit Weitsicht führen. Oberbürgermeister Peter Kleine pflichtete ihm bei: Besonnenheit und Menschlichkeit dürften nicht auf der Strecke bleiben, wenngleich es wichtig sei, Missstände innerhalb der Migrationspolitik anzusprechen.
Erinnerung an die ersten Stunden
In seinem Rückblick im Schnelldurchlauf ging der Regionalleiter durch die Jahre und erwähnte dabei ganz besonders die Ehrenamtlichen der ersten Stunde, die bereit standen, um in der Gemeinschaftsunterkunft zum ersten Mal Angebote für Kinder zu machen, Sprachunterricht anzubieten und Klienten zu begleiten. Er erinnere sich an Ausflüge und Ferienfahrten, an Feiern zum Frauentag und zum Tag des Flüchtlings, die traditionellen Weimarer Begegnungen in der Interkulturellen Woche, an Zirkusprojekte und Fußballturniere, an Theateraufführungen, an Mal- und an Zeichen- sowie an Musik- und Filmprojekte, an Bildungswochenenden für Frauen und für Männer und so vieles mehr bis heute – all das wäre nicht möglich gewesen ohne die Bereitschaft so vieler Vereine und Initiativen, sich hier einzubringen als großartiges Netzwerk der Hilfe.
Ehrenamt als ein entscheidender Schlüssel für gelingende Arbeit
Am Beispiel der Caritas Flüchtlingssozialarbeit in Weimar zeige sich eindrucksvoll, wie es in der zivilen Gesellschaft trotz begrenzter Ressourcen in der sozialen Arbeit gelingen kann, Herausforderungen gemeinsam zu meistern. So betonte Diözesan-Caritasdirektorin Monika Funk in ihrem Grußwort den Aspekt des ehrenamtlichen Engagements in Weimar als vorbildlich: „Von Beginn an ist es unseren Mitarbeitenden in Weimar gelungen, Menschen zu sensibilisieren und dafür zu gewinnen, sich ehrenamtlich in diesem Bereich zu engagieren. 2015 und danach gab es über 200 Ehrenamtliche, aber auch heute sind es immer noch über 100 ehrenamtliche Frauen und Männer, junge und ältere Menschen – mit deutschen und vielen anderen Pässen – die sich mit ihren Gaben einbringen. Das erfüllt uns mit Stolz und lässt hoffen, dass wir das Potential und die Kraft in unserem Land besitzen, die Gesellschaft zusammen zu halten – und dabei Menschen aus anderen Ländern und Kulturen als Bereicherung für die Zukunft unseres Landes erfahren.“
Wie sich die kommenden Jahre für die Flüchtlingssozialarbeit in Weimar gestalten werden, lässt sich angesichts der politischen Situation nach den Landtagswahlen, nicht vorhersagen. Heute stehen wir vor ganz neuen Herausforderungen. Bei der Landtagswahl in Thüringen hat ein Drittel der Bevölkerung für die rechtsradikale AFD gestimmt. Wichtig ist aber, dass es zwei Drittel nicht getan haben. Trotzdem ist dies erschreckend und stellt eine Gefahr für den Zusammenhalt der Gesellschaft und vor allem auch für die Arbeit für und mit Geflüchteten dar. Monika Funk: „Es ist aber keine Zeit für Schockstarre. Wir stehen als Caritas für ein tolerantes und weltoffenes Thüringen und verteidigen die Würde jedes einzelnen Menschen. Wir brauchen ein kraftvolles Bündnis aller demokratischen Parteien, denn das Wohl des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger muss Priorität haben. Zugleich ist mir auch bewusst, dass die derzeitige Situation gerade auch bei den Mitarbeitenden zu Unsicherheiten führt. So ist es gut, dass wir uns an diesem Tag miteinander vergewissern dürfen, gemeinsam unterwegs zu sein.“
Weimars Ortspfarrer Timo Gothe sprach von gelingender Integration am Beispiel eine Familie. Ohne die Hilfe der Caritas sei dies nicht möglich gewesen und so müssten auch in Zukunft alle zusammenhalten und diese wichtige Arbeit in Weimar unterstützen. Gemeinde und Caritas gehören auch in Weimar zusammen und so verwies er auf das Familienfest im Pfarrgarten und Gemeindehaus am Samstag.
Familienfest im Gemeindehaus
International ging es am Samstag weiter. Unter dem Motto „Vielfalt verbindet!“ lud die Caritas in die Begegnungsstätte „CariCare“ ins Otto-Neururer-Haus der Pfarrgemeinde zu einem interkulturellen Familienfest ein. Neben einem internationalen Buffet erwartete die Besucherinnen und Besucher Live-Musik sowie ein Kinderprogramm.
Video-Beitrag zum 20-jährigen Jubiläum der Weimarer Flüchtlingssozialarbeit.